Ich bin ein echter „Jimador“

Es hat mich in das Städtchen Tequila verschlagen. Verglichen mit den bisherigen Städten ein wunderbares Kleinod der Ruhe – naja, fast… In der Heimatstadt des gleichnamigen „Absackers“ bin ich gestern Abend mal wieder – länger als eigentlich vernünftig gewesen wäre – um die Häuser gezogen. Man kennt das ja, keine Bestellung will die Letzte sein…

Irgendwann zu später Stunde lerne ich in einer Bar „William“ (kein besonders mexikanischer Name, ich weiß…) kennen. Wir kommen ins Gespräch und ich gebe immer neue Runden aus, um seine Zunge zu lockern. „Jimador“ sei er, sagt er irgendwann mit Stolz geschwellter Brust, als ich ihn nach seinem Job frage. „Jimadores“ sind Agavenernter, jene Burschen, die einen verdammt harten Beruf ausüben, damit wir in Deutschland Schnaps mit Zitrone und Salz trinken können… Da ich das Thema „Tequila“ sowieso fotografisch umsetzten wollte frage ich ihn, ob es möglich sei, ihn einen Tag lang bei seiner Arbeit zu begleiten. Im besoffenen Kopp sagt er „Ja“!

Als kurze Zeit später, um 5 Uhr, mein Wecker klingelt, verfluche ich mich zunächst für die nächtliche Neugier. Doch was soll ich sagen, aus dieser zufälligen Begegnung entwickelte sich für mich ein unvergessliches, das bislang schönste Erlebnis dieser Reise.

Es dämmert gerade, als ich mit meiner Tenere dem Lkw mit den Arbeitern ins Hinterland folge
Es dämmert gerade, als ich mit meiner Tenere dem Lkw mit den Arbeitern ins Hinterland folge

Den ganzen Vormittag bin ich hautnah dabei, wie eine Gruppe von zehn „Jimadores“ ihrem schweißtreibenden Job nachgehen. Als wir gemeinsam Mittagessen (dazu wurde ein Feuer aus verdorrten Agavenblättern gemacht, auf der verbleibenden Glut wurden ein paar Tacos geröstet), habe ich tatsächlich das unbeschreibliche Gefühl, dazu zu gehören. Wir scherzen, lachen laut über zotige Witze (wie es sich für diesen Berufszweig gehört).

William würde jetzt sicherlich lieber in der Kiste liegen...
William würde jetzt sicherlich lieber in der Kiste liegen...

Ich helfe den Lkw mit den bis zu 150 Kilo schweren Agavenknollen zu beladen (ok, ich stehe mit meiner Kamera- und Fotoausrüstung eigentlich mehr im Weg…) und es fühlt sich verdammt gut an, als man mir beim Abschied sagt, ich wäre nun auch ein „Jimador“.

Hier wird gerade das Feuer fürs Essen gemacht
Hier wird gerade das Feuer fürs Essen gemacht

Mit Handschlag verabschiede ich mich von jedem Einzelnen dieser Pfundskerle und sage ihnen wie dankbar ich ihnen für diese Erfahrung und dafür bin, mich an ihrer Arbeit teilhaben zu lassen.

Ein Tag, für den ich sehr dankbar bin!
Ein Tag, für den ich sehr dankbar bin!

 In Zukunft werde ich in Kölner Kneipen noch öfter Tequila bestellen und immer ein Stück Mexiko in meinem Herzen tragen. Ich habe eine Agave „mit schwerem Gerät“ komplett von ihren Blättern befreit, ausgegraben und das sauschwere Ding eigenhändig zum Lkw geschleppt.

Wenn DU irgendwann einmal einen GUTEN 🙂 Tequila trinkts, dann denk daran: vielleicht ist ein Stück von meiner geernteten Agave dabei…

Salut, Erik

6 Kommentare zu „Ich bin ein echter „Jimador““

  1. Oh Mann Erik,

    das sind die Erfahrungen, die eine Reise wertvoll machen. Man kann sich tausend Fotos anschauen und Berichte über die Geschichte etc. lesen – aber die Menschen und deren Lebensumstände machen so eine Reise unvergesslich. Ich beneide dich darum und freu‘ mich gleichzeitig auf meine Tour!

    Liebe Grüße,

    CU
    Julia

    Hi liebe Julia,

    Als echte Sejerlännerin 🙂 musst Du Dir mal gar keine Gedanken machen, was Deine Reise betrifft! Ich gönne Dir von Herzen Dein bevorstehendes Abenteuer! Bloß nicht zuviel planen, dann wird es die Zeit Deines Lebens. Guck Dir meinen besten Freund Panny, den „Krad-Vagabunden“ an. Der ist auch mit Eichener, Irle und Erzquell groß geworden…;-)

  2. Hallo Erik,
    es macht echt Spass, Deine Reise über diesen Blog mitzuverfolgen!
    Dein Schreibstil gefällt einfach. Und auch die Bilder sind echt beeindruckend.

    Übrigens, Interessierte des Africatwin-Forums lesen auch mit, nachdem ich den Link dort gepostet habe.

    Gruss
    Richard aus Kappelrodeck

  3. feiner zug von dir auch mal wieder was zurück zu geben für das viele zeugs, das du schon getrunken hast ; )
    ich bin sicher die jimadores haben ähnliche trinkerqualitäten wie ungarische feuerwehrmänner : )
    weiter so! macht spass von hier aus „mitzufahren“.

  4. Die Algave-Pflanzen sind unglaublich wertvoll, weil es derzeit einen Mangel daran gibt. Die Felder werden mit Schußwaffen bewacht, da sich der Diebstahl (trotz der schweren Ernte-Arbeit) im großen Maßstab lohnt!
    Wie ich Erik kenne, überlegt er nun, wie er seine Reisekasse aufbessern kann und hat sich nur deshalb das Insider-Wissen verschafft:-)
    Beim nächsten Tequila werde ich übrigens in der Tat in der Erwägung ziehen, daß darin ein Teil von Dir sein könnte. *bäh*:-)

    Gruß aus Kolumbien
    Panny
    http://www.krad-vagabunden.de

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