Ein Indianer im Cowboy-Kostüm

Adrian ist 27 Jahre alt. Ein Kerl wie Du und ich. Wenn man mit ihm spricht und er über Frauen redet, dies und das, er seine Witze macht und seine Lieblingsbands nennt (Black Metal), dann denkt man nicht im Traum daran, das Adrian eigentlich eine Berühmtheit ist. Er ist vom Stamm der Navajo, ein begnadeter Reiter und vermutlich der meist fotografierte Indianer aller Zeiten. Während ich die Gelegenheit habe, lange mit ihm zu quatschen, kommt es mir so vor, als sei er sich überhaupt nicht dessen bewusst, wie viele Menschen ihn jeden Tag ablichten, ohne jedoch sein Gesicht zu kennen.

Die Fahrt durchs Monument Valley ist ein ganz besonderes Erlebniss - auch wenn man sich für eine geführte Tour im Geländewagen entscheidet
Auf dem Weg durchs Monument Valley

Fotografiert zu werden und dafür ein gutes Trinkgeld zu bekommen, ist seit ein paar Jahren Adrians „Beruf“ – ein Beruf den er von seinem Vater übernommen hat, genau wie dieser es schon von seinem Vater tat, damals in den 50er Jahren. Die meisten von Euch haben einen von den dreien ganz sicher schon einmal auf einem Bild gesehen. Sei es in einem Reiseführer, der „Wendy“:-), in der Werbung oder sonst irgendwo. Das Bild ist einfach legendär. Ein Reiter, der stets eine blaue Jeans, ein rotes Hemd und ausgerechnet einen Cowboyhut trägt. Mit diesen Kleidungsstücken, die er als „Trademark“ bezeichnet, sitzt er auf seinem Pferd „Pistol“ und steht auf einem Felsvorsprung mitten im Monument Valley. „John Ford’s Point“ heißt der Ort, benannt nach dem berühmten Hollywood Regisseur, der hier mit John Wayne vor der Kamera große Kinogeschichte schrieb.

Dieses Bild ist weltbekannt - es war stets Aron oder jemand aus seiner Familie und immer trägt er eine Jeans und ein rotes Hemd - "Trade Mark", wie Aron sagt...
Dieses Bild ist weltbekannt – es war stets Adrian oder jemand aus seiner Familie und immer trägt er eine Jeans und ein rotes Hemd – „Trademark“, wie Adrian sagt…

 

Etwa jede Stunde, wenn wieder ein Fahrzeug der „Gouldings Company“ (der angeblich beste Anbieter für geführte Touren) am Horizont zu erspähen ist, dann streift sich Adrian das rote Hemd über und trottet auf seinem Pferd gemächlich zu der Stelle, die früher als Kamerastandort diente. Auch heute klicken hier die Kameras. Tausendfach am Tag, während der „Cowboy-Indianer“ nichts anders zu tun hat, als auf seinem Pferd zu sitzen und in die Ferne zu starren. Touristen lieben diesen Anblick. Mehr „Wild Wild West“ auf einem Bild, das geht einfach nicht.

Gut zwei Stunden bleibe ich und unterhalte mich mit Adrian. Ob auch sein Sohn die Tradition fortführen werde, möchte ich wissen, nachdem wir uns über Gott und die Welt unterhalten haben. „Bislang habe ich nur eine Tochter“, antwortet er, während sein Gesicht schelmisch grinst und er dabei seinem Pferd die Mähne mit einer Küchenschere stutzt, „aber ich arbeite daran“. Als ich mich verabschiede stelle ich ihm eine Frage, die mir nicht leicht über die Lippen kommt: „Warum um alles in der Welt verkleidet sich ein stolzer Navajo Indianer ausgerechnet als Cowboy, dem Feindbild vieler seines Stammes?“ Er lacht. „Das hat mein Großvater so entschieden. Er hatte damals Angst, als Indianer von einem „Red Neck“ vom Felsen geschossen zu werden.“ Er lacht wieder. „Nein, Blödsinn! Mein Großvater war ein schlauer Mann. Er hat schnell begriffen, dass er als Cowboy einfach mehr Geld verdienen kann“. Außerdem, so sagt er, seien die Sachen, die ein Cowboy trägt viel bequemer als der „Indian Stuff“…

"Navajo-Cowboy" in dritter Generation
„Navajo-Cowboy“ in dritter Generation

 

Als würde John Wayne jeden Moment um die Ecke geritten kommen
Als würde John Wayne jeden Moment um die Ecke geritten kommen

Goodbye Utah!

Über diverse Offroad-Strecken (ich habe in den USA mittlerweile mehr und anspruchsvollere Offroad-Kilometer gesammelt, als auf allen Reisen zuvor), bin ich zurück in Richtung Moab gefahren. Nach einer Nacht im Canyonlands National Park, bei der ich ein fürchterliches Unwetter erlebt und im Zelt vor Angst kaum ein Auge zugemacht habe, war leider der Zeitpunkt gekommen, mich von diesem wundervollen Fleck Erde zu verabschieden. Utah hat eine bleibende Erinnerung hinterlassen und ist ganz weit nach oben geschossen auf der Liste jener Orte, die mich bisher am meisten beeindruckt haben.

Kurz vor dem Sonnenuntergang im Canyonland National Park. Ein Unwetter braut sich über dem Green River zusammen.
Kurz vor dem Sonnenuntergang im Canyonlands National Park. Ein Unwetter braut sich über dem Green River zusammen.

„Welcome to Colorful Colorado“

Eben bin ich in Colorado angekommen.

Alleine der erste Eindruck vermittelt mir das Gefühl, dass ich auch hier eine verdammt gute Zeit haben werde…

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Der „Scenic Rim Rock Drive“ im Colorado National Monument – eine knapp 40 Kilometer lange Strecke entlang der Abbruchkante des Red Rock Canyon. In jedem Land DAS Highlight, hier kaum bekannt. (man achte auf das Auto als Größenvergleich…)
Mein "Lieblings-Schild"
Mein „Lieblings-Schild“

8 Kommentare zu „Ein Indianer im Cowboy-Kostüm“

  1. Wow, echt beeindruckende Bilder! Utah hat mir auch bei einer Durchfahrt sehr imponiert, es war teilweise wie eien Mondlandschaft…weiterhin eine gute Fahrt!

  2. Nicht nur super Bilder und wunderbare Geschichten, es ist die Art und Weise wie du über Land und Leute schreibst, die mich beeindruckt. Es ist selten, dass jemand meine Affinität zu den USA teilt. Die meisten Leute plappern nur die üblichen abgedroschenen Sprüche über Amerika runter.

    Du tust mehr Gutes für diesen Flecken Erde, als die meisten Politiker und Promis dieser Welt!

    Godspeed!

  3. Hallo Erik,
    tolle Seite, tolle Bilder, tolle Berichte. Ich bin auf jeden neuen Eintrag gespannt – wie auch schon bei „Oman – Island“ und „Köln – Schanghai“.

    Mich interessiert auch:

    * Inzwischen reist Du ja alleine – wie kommst Du damit zurecht? Fehlt Dir nicht der Austausch mit nem Reisekumpel? Gibt es auch Stimmungstiefen?

    * Ein Blick „hinter die Kulissen“ – so wie bei ner DVD das Bonusmaterial – wie machst Du die tollen Bilder (mit dir selbst drauf), wie zeitaufwendig ist das, welche Tricks benutzt Du?

    Wäre toll, wenn Du davon etwas berichten könntest.
    Weiter gute Fahrt, bleib gesund,
    Flo

  4. Hi Flo,
    vielen Dank für Deinen Kommentar! Auf Deine fragen werde ich noch gezielt in einem Kommentar am Ende des ersten Teiles der Reise posten.
    Trotzdem schon Mal vorab: Alleine reisen hat sicherlich Vorteile. Allerdings muss ich persönlich sagen, dass die Nachteile eher überwiegen. Es gibt Abende, an denen man das Lagerfeuer doch sehr gerne mit einem vertrauten Menschen teilen würde…
    Zu den Fotos: Viele Bilder habe ich mit einem Funk-fernauslöser (Hähnel Giga T-Pro) gemacht. Du richtest die Kamera also auf den gewünschten Bildausschnitt aus, fährst los und mit dem Ding in der Hand (auf einigen Fotos bestimmt zu sehen), löst Du die Kamera aus. Dummerweise habe ich das Kabel von dem Ding in Las Vegas verloren und seitdem bleiben mir bis zum Auslösen der Kamera nur zehn Sekunden Zeit… Es sei denn, ich nehme Standbilder von den Videos
    Beste Grüße
    Erik

  5. Erik,
    das liest sich einfach gut – und die Bilder sind phantastisch. Ich mag Reiseberichte, denn sie lassen mich jedes Mal ein kleines Stückchen mit unterwegs sein – und wenn es nur mit den Augen und den Gedanken ist.

    DANKE!

    LG
    Renate

  6. Hi Erik,

    bla bla bla … schöne Fotos … bla bla bla 🙂

    Ich fühle mit Dir Bruder, dass alleine reisen manchmal einsam ist. Doch gleichzeitig lernst Du alleine viel mehr Menschen kennen und hast mehr Zeit für Ihre Lebensgeschichten.

    Wünsche Dir weiterhin Hals und Beinbruch.

    Grüße aus der Mongolei
    Konrad

    PS: Es sieht so aus, dass ich mit einem Moped nach Deutschland fahren werde … für Details siehe mein Blog 😉

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