Ein ungutes Gefühl macht sich in der Magengrube breit, als ich von Colorado Springs kommend auf Denver zufahre. Etwa einhundert Kilometer noch und ich habe es endlich geschafft. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit solcher Sorge den Himmel beobachtet hätte. Eine riesige, tief schwarze Wolkenfront breitet sich im Norden wie ein Gegner vor mir aus. Unwetter, so habe ich bereits am eigenen Leib erfahren, sind in den USA von einem anderen, Furcht erregenden Kaliber. Wenn Petrus es nicht gut mit einem meint, dann kann man was erleben.
Immer wieder werde ich von starken Böen durchgeschüttelt und bekomme eine gute Ladung Regen nach der anderen ab. Dann scheint plötzlich die Sonne wieder mit Kraft durch kleinste Wolkenlücken und lässt den schwarzen Asphalt dampfen. Ein kurzer Moment der Erleichterung, bis die Welt einen Augenblick später wieder unterzugehen scheint. Man muss dazu sagen, dass die USA dieser Zeit von Wetterkapriolen gebeutelt werden, die es so seit Wetteraufzeichnung noch nicht gegeben hat. Unter Missachtung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit und alles andere als defensiver Fahrweise erreiche ich mein Hotel in „LoDo“ (Lower Downtown) kurz bevor der Regen an meine intimsten Stellen vorgedrungen ist. Schwein gehabt – zumindest fürs Erste…
Als ich gut zwei Stunden später zusammen mit einem guten Dutzend Bikern, Truckern, Punks und einem schwulen Frisör am Tresen der Bar „Rockaway Tavern“ sitze, geht das meteorologische Spektakel erst so richtig los. Es kracht, donnert und schüttet. In weniger als einer halben Stunde steht das Wasser kniehoch auf den Straßen. Der Himmel zuckt und obgleich es eigentlich finstere Nacht ist, wird die Stadt im Sekundentakt taghell erleuchtet.Ein bedrohliches Szenario, mit dem die Menschen hier bemerkenswert gelassen umgehen. Obwohl der Wirt sogar Eimer aus dem Keller holen lässt, um das Wasser aufzufangen, das durch die Löcher im Dach des Etablissements tröpfelt, lässt sich keiner von der eigentlichen Attraktion des Abends ablenken: Punkrock und Heavy Metal Karaoke sind angesagt. Bis tief in die Nacht bin ich in dem Laden „gefangen“. Das Unwetter draußen wird mir von Runde zu Runde Bier und Jägermeister, die wir auf den Regen trinken, gleichgültiger wird. Vor der Aufgabe zu singen, darf sich übrigens keiner drücken. Steve, der Frisör, der mit Abstand beste Sänger des Abends, nötigt alle, auch mich, das Mikrofon zu ergreifen und auf die Bühne zu gehen. Meine Wahl fällt ausgerechnet auf „I was born to lovin you“…
Am nächsten Morgen ist das ganze Schauspiel wieder vorbei. Ein strahlend blauer Himmel und ein übler Schädel lassen den gestrigen Abend wie einen Traum erscheinen. Ich habe scheinbar auch geträumt, dass zwei große Männer in Frauenkleidern neben mir auf der Toilette standen.Einer links, einer rechts. Als ich eben meine Videos gesichtet habe, die ich mit meiner „Notfallkamera“ gedreht habe, musste ich entsetzt feststellen, dass es kein Traum gewesen ist… Mehr Infos gibt es an dieser Stelle nicht!
Denver – und das sage ich ohne den ersten Abend in die Wertung mit einzubeziehen – gefällt mir von allen Städten der USA bislang am besten. Es ist zum einen die Lage in den Rocky Mountains, die mir behagt, vor allem aber das reichhaltige kulturelle Angebot, die Restaurant- und Kneipenszene, die mich an Berlin erinnert und die Lockerheit der Menschen, dieser Stadt. Anders als in San Francisco oder Los Angeles gibt es keine Sperrstunde und die Bürgersteige werden nicht hoch geklappt. Vielleicht wird in der von Goldgräbern gegründeten Stadt auch deshalb das meiste Bier getrunken. Dies hat zur Folge , dass eine beträchtliche Anzahl überraschend guter Brauereien die knapp 600.000 Einwohner (ca. 3 Mio. im Großraum) versorgt. Die meisten Brauereien sind sogenannte „Micro-Breweries“, kleine unabhängige Betriebe, die vornehmlich für den eigenen Ausschank produzieren. Aber auch „Coors“ eine der größten Brauereien der Welt ist in den Rocky Mountains zuhause. Ähnlich wie ich es aus meiner Heimat Siegen kenne (Krombacher Pils, Eichner Pils, Erzquell, ect.) kann man die meisten Brauereien kostenlos besichtigen und sich einen hinter die Binde kippen.
Mensch Erik!
Die Frisur steht Dir. Vielleicht sollte der schwule Frisör mal beigehen. 😉
Kilometermäßig hast Du meine Tenere fast eingehlt da fehlen jetzt nur noch 2000 km.
Übrigens: Die Schweden machen auch vorzügliches Bier!!!!
ciao
Eggi
Hey Erik,
also Erzquell ist ja wohl unterste Liga 😉
Hi Erik,
super Deiner Reise zu folgen … mal wieder.
Aber das die Amis sooooo große Loks gebaut haben, hätte ich nicht gedacht. Das ist echt ein Monster …. geil.
Viel Spaß weiterhin.
Heiko
Das like Button Plugin waere nuetzlich. Oder ist mir der Button entgangen?
Das ist doch da… Unten auf der seite… Immer fleißig drücken!!! 🙂
Klasse Fotos.
Hab weiterhin einen schönen Trip. Wenn du wieder hier bist müssen wir uns mal treffen, weit weg ist´s ja nicht.
Alles gute für deinen Trip.
Tom